Saba: das Ende
„Beschäftigung geht vor Sozialplan“
Um im Mai 1988 das Schlimmste zu verhindern, die Kündigung von fast 600 Beschäftigten, gab es lange und schwierige Verhandlungen zwischen Thomson-Brandt, der IG Metall und dem EWD-Betriebsrat darüber. Die Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat endeten mit folgender Vereinbarung:
- Festgelegt wurde der Ausbau der Leiterplattenfertigung von 150 auf zukünftig 204 Beschäftigte,
- aufgebaut werden sollte „die Produktion von sogenannten Projektionsfernsehern“, was weiteren 288 Menschen Arbeit brachte,
- 90 Arbeitsplätze sollten über sog. Zentrale Dienste (z.B. EDV) geschaffen werden.
- 50 Personen fanden Arbeit mit Entwicklungs- und Vorproduktionsarbeiten durch die Verlagerung der Thomson-Tochter (EVP European Video Production) nach Villingen.
Von den 450 Arbeitnehmer, für die es keine Arbeit bei Thomson mehr gab, sollten 100 „eine Vorruhestandregelung erhalten.
Für die verbleibenden 350 Mitarbeiter wurde eine Ausbildungs- und Beschäftigungs-GmbH (AuB) gegründet.
Mindestens 125 von ihnen waren für Umschulungs- und Fortbildungsprogramme vorgesehen. Besonderer Anreiz zur Fortbildung war, dass die Umschüler zum Förderbetrag des Arbeitsamtes, eine Aufstockung ihres Einkommens durch die AuB bis zu 80Prozent des letzten Nettolohns erhalten sollten.
Mitarbeiter, für die diese Regelung nicht in Frage kam, konnten in Kurzarbeit gehen, die ebenfalls mit einer Aufstockung der Bezüge verbunden war.
Für die IG Metall und den EWD Betriebsrat lag der Vorteil der „bislang in Deutschland einzigartigen Lösung“ darin, dass vorerst keine Mitarbeiter ihre Arbeit verloren. ((IGM-Verwaltungsstelle Villingen-Schwenningen, Geschäftsbericht 1987-1988-1989. BZ v. 11.5.1988 „Beschäftigung geht vor Sozialplan“- Erfolgreich verhandelt: trotz Abbaus der Produktion keine Entlassungen bei EWD. Ebenso SWP v. 11.5.1988 IG Metall und Betriebsrat „Ein chancenreicher Weg“. Zunächst keine Kündigungen für die EWD-Beschäftigten. Dieser Geschäftsbericht enthält auch eine Kopie des ausgehandelten Vertrages.))
350 Mitarbeiter erhielten die Chance sich weiterzubilden und sich in Ruhe nach einem Arbeitsplatz umzusehen. Die sei eine „zweitbeste Lösung“ so Günter Güner von der IGMetall. Im traditionellen Sozialplanverfahren hätten 582 Mitarbeiter ihre Arbeit verloren. Das Ziel sei gewesen: „Beschäftigung geht vor Sozialplan“. Man hoffe dadurch auch die Träger des Know-How in diesem Industriebereich in der Region zu halten. ((a.a.O.))
Der Abbau der Arbeitsplätze bei der SABA geht weiter
Dass durch dieses Abkommen die Arbeitsplätze beim Thomson nicht für alle Ewigkeit gesichert waren, das war vermutlich allen Beteiligten klar. Fünf Jahre später im August 1993 wurde die Saba –Vertriebsgesellschaft von Villingen nach Hannover verlegt. Die wenigsten Mitarbeiter nahmen das Angebot an, ihren Arbeitsplatz von Villingen nach Hannover zu verlegen. (( StAVS, VDU NQ 31.8.1993 Saba hat dem Schwarzwald ade gesagt/ Thomson konzentriert Marken in Hannover/ Neue Produktphilosophie. „Vom Umzug unberührt bleiben die übrigen Thomson-Aktivitäten in Villingen: die Konzernforschung mit rund 600 Mitarbeitern sowie zwei kleinere Werke mit 400 Beschäftigten, in denen Leiterplatten gefertigt sowie Pilotserien produziert werden… Handfeste Zahlen nennen die Thomson-Töchter nur ungern. Klar ist, dass 1993 für die gesamte Industrie ein schwieriges Jahr ist und sie kaum die Gewinnschwelle erreichen werden, nachdem schon 1992 Verluste brachte.“ (Preisverfall bei Fernsehgeräten.). ))
Unter dem Druck der Wirtschaftskrise im November 1993 erklärten sich die Mitarbeiter von Thomson-Brand bereit „Zugeständnisse bei den Arbeitstarifen zu machen“, nachdem Wirtschaftsminister Spöri gehört hatte, die Pariser Thomson Zentrale wolle die Villinger Betriebe schließen. (( „Schwabo 9.11.1993 Thomson-Mitarbeiter suchen Rettungsanker. Aufbäumen gegen die Schließung der Villinger Werke. Autor: Dietmar Schindler))
„Die wirtschaftliche Situation im Raum Villingen-Schwenningen ist dramatisch“, stellte Ministerpräsident Erwin Teufel fest. Die Arbeitslosigkeit sei die höchste im Land, viele Unternehmen müssten Personal abbauen oder kämpften gar ums Überleben. Teufel befürchtete auch, dass der Thomson-Standort Villingen ganz aufgegeben werde. „In Villingen [gebe] es derzeit noch die Deutsche Thomson-Brandt GmbH (DTB) mit dem zentralen Entwicklungslabor (500 Mitarbeitern) sowie die Thomson Television Germany (TTG), die in einem Werk Leiterplatten … (gut 100 Mitarbeiter) und in einem Werk II neue Produkte [herstelle] (90 Mitarbeiter).“
Landeszuschuss für die SABA, damit Arbeitsplätze in Villingen bleiben
Es gelang der Landesregierung diese Pläne des Konzerns noch einmal umzubiegen, wobei eine beträchtliche Fördersumme als Argumentationshilfe diente. Das Land Baden-Württemberg beteiligte sich an den arbeitsplatzsichernden Investitionen mit einem „namhafte“‘ Betrag, dafür boten die französischen Manager an in Villingen in den nächsten Jahren 80 Millionen Mark zu investieren, von denen die Hälfte in die Entwicklung neuer Produkte fließen sollte. Nach einem Bericht des Südkuriers vom 26.11.1993 betrug der Landeszuschuss für Thomson zur Sicherung der Arbeitsplätze zwischen 13 und 15 Millionen DM. Dafür blieben „die Aktivitäten Forschung, Produktentwicklung und Technologie in Villingen“ und auch die Leiterplattenentwicklung sollte weiter betrieben werden. Einige Umstrukturierungsmaßnahmen führten aber dennoch dazu, dass zwischen 50 und 90 Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verloren. Thomson sicherte aber zu für die nächsten sechs Jahre rund 600 Arbeitsplätze in Villingen zu erhalten, zusätzlich noch über 60 Ausbildungsplätze. Erwin Teufel bot den Thomson-Leuten für dieses Entgegenkommen, außerdem „ eine enge technologische Zusammenarbeit zwischen dem Labor und Forschungseinrichtungen des Landes (etwa dem Mikrotechnik-Institut)“ an. (( BZ 26.11.1993 Franz Dannecker: Ministerpräsident wendet Abzugspläne ab. Thomson hält an Standort Villingen fest: 600 Arbeitsplätze gerettet. „Teufel wies darauf hin, dass das Land schon seit vielen Jahren in den Raum Villingen-Schwenningen investiere wie in kaum eine andere Region. So seien in den letzten vier Jahren in der Region 962 Existenzgründungen mit 1491 neuen Arbeitsplätzen gefördert worden. Der Einsatz moderner Technologien sei im selben Zeitraum mit 284 Millionen Mark unterstützt worden.“))
VS: Spitze bei der Zahl der Arbeitslosen
Im Februar 1993 meldete das Arbeitsamt, Spitze sei Villingen-Schwenningen nur was die Zahl der Arbeitslosen angeht. Die Stadt hätte landesweit die höchste Zahl an Arbeitslosen. Oberbürgermeister Dr. Gebauer sprach in diesem Zusammenhang vom „schwierigsten Zustand seit 1945“ (( NQ v. 2.9.1993)) .
Dass der Standort Villingen erhalten bleibe, das hing nach Meinung der Thomson-Manager ganz besonders vom Entgegenkommen der Beschäftigten ab, von denen hohe Motivation sowie die Verpflichtung eingefordert wurde, zum Profit der Firma beizutragen. „Die Beschäftigten [sollten] auf bisher garantierte Leistungen verzichten und fürs gleiche oder weniger Geld mehr arbeiten. … im Gespräch [war] die Rückkehr zur 40-Stunden-Woche sowie weniger Urlaubs- und Weihnachtsgeld.“ (( BZ 29.11.1993 Franz Dannecker: Erwin Teufel, die Baar und die Millionen/ trotz der Landeshilfe geht die Auszehrung weiter. Südkurier 25.11.1993 Teufel kommt zum Krisengesprächen/ Besuch bei Thomson Brandt und Digital-Kienzle/ Was wird geboten?. Bereits am 29. Oktober war Wirtschaftsminister Spöri in Villingen. Die Standorte sollen verlegt werden.))
Im Februar 2000 verhandelte die IG-Metall wegen Restrukturierungsmaßnahmen mit der TTG für 15 Beschäftigte einen Interessenausgleich im Geldwert von 450 000 €, im Juli 2000 aus dem gleichen Grund für weitere 112 Beschäftigte im Wert von 4 700 000 €. Im Februar 2002 wurde die TTG geschlossen und für weitere 117 Beschäftigte im Geldwert von 11 000 000 € ein Interessenausgleich ausgehandelt. Das verbliebene Entwicklungslabor, die DTB baute im Februr 2003 26 Beschäftigte und im Dezember 2003 weitere 47 Beschäftigte ab. Der ausgehandelte Interessenausgleich hatte einen Geldwert von 7 800 000 €. ((Alle Angaben aus: IG-Metall-Geschäftsbericht der Verwaltungsstelle Villingen-Schwenningen 2000-2003))
Die Mitarbeiter der SABA und ihrer Nachfolgefirmen in Villingen-Schwenningen 1974 bis 2003
Jahr | SABA | DAGFU | Deutsche Thomson Brandt (DTB) | SEWEK | EWD | Thomson Television (TTG) |
---|---|---|---|---|---|---|
1974 | 3137 | |||||
1977 | 2817 | |||||
1980 | 2787 | |||||
1983 | 445 | 203 | 1321 | |||
1986 | 346 | 85 | 331 | 1183 | ||
1989 | 321 | 707 | 636 | |||
1992 | 254 | 578 | 449 | |||
1995 | 616 | 249 | ||||
1996 | 612 | 247 | ||||
1997 | 534 | 216 | ||||
1998 | 431 | 224 | ||||
1999 | 366 | 209 | ||||
2000 | 396 | |||||
2001 | 434 | |||||
2002 | 437 | |||||
2003 | 372 |
SABA – der letzte Akt
Im Jahre 2004 stieg „die chinesische TCL-Gruppe mit zwei Dritteln [bei Thomson] ein- und zum weltgrößten Hersteller von Fernsehgeräten auf. Name des neuen Gemeinschaftsunternehmens: TCL Thomson Elektronics (TTE) (( Christian Kempa, Betriebsratsvorsitzender der TTE Germany, Villingen, Franz Ritter, stellv. Betriebsratsvorsitzender der TTE Germany, Villingen, Michael Lösle, Betriebsrat der TTE, Germany, Villingen, Michael Ruhkopf, 1.Bevollmächtigter der IG Metall Villingen-Schwenningen, Thomas Gnann, Rechtsanwalt: Der Ingenieur hat seine Schuldigkeit getan, der Ingenieur kann gehen. BenQ 2 im Schwarzwald wird zum Wirtschaftskrimi. „Informationen zum Unternehmen. Die Thomson-TCL-Electronic Germany GmbH ist eine 100%-Tochter des Jointventure aus dem französischen Thomson Konzern und dem chinesischen TCL Konzern mit Sitz in Hongkong. Dieses Jointventure wurde 2004 gegründet mit dem Ziel weltweit die Nummer1 im TV-Business zu werden. Der TCL- und TTE-Vorstandsvorsitzende Li Dongcheng trat an, sowohl quantitativ als auch innovativ mit Thomson zusammen weltweit Marktführer zu werden. Thomson brachte seine gesamten TV-Aktivitäten ein. Im Villinger Betrieb waren dies im Jahr 2004 noch 125 hoch qualifizierte Ingenieure und Techniker. Schon im Herbst 2005, ein Jahr nach Gründung, mussten 38 Kolleginnen und Kollegen gehen. Weitere Kollegen kündigten auf Grund der unsicheren Lage selbst, so dass zur Zeit noch 67 Kollegen vor einem Scherbenhaufen stehen.“.)) Von einer langfristigen französisch-chinesischen Partnerschaft war die Rede, von riesigen Märkten in Osteuropa und Asien, die es zu erschließen gelte, schwärmte der TCL-Chef Li Dongsheng. Doch TCL war offenbar nur kurzfristig am Fachwissen der Schwarzwälder Ingenieure interessiert, die in eine eigene Tochter TTE Germany überführt wurde. Nachdem die ihre Schuldigkeit getan hatte, trieben die Chinesen dieses Unternehmen in die Insolvenz.“ (( Janko Tietz, Projekt Plünderung. Chinesische Investoren sollen Geld und Patente einer badischen Hightech-Schmiede abgezogen und die Firma am Ende in die Insolvenz getrieben habe. S. 92. Der Spiegel 17/ 2007))
2004 wurden bei TTE noch 125 hochqualifizierte Ingenieure und Techniker beschäftigt. 2005 wurden 38 von ihnen entlassen, 2006 die Insolvenz beim Villinger Amtsgericht beantragt und die Gehaltszahlungen für die Mitarbeiter eingestellt. Die aktuellen Forschungs- und Entwicklungsunterlagen verschwanden mit dem Geschäftsführer vorher nach China. „Briefe und E-Mails [wurden] entweder ignoriert oder lapidar beantwortet, dass sich die Situation so ergeben habe und man sich an den deutschen Sozialstaat wenden solle, für den man ja in der Vergangenheit auch seinen ‚Beitrag‘ geleistet hätte“. „Die Kollegen, die vor kurzem noch in China waren, um dort ihr Know-How einzubringen und die dortige Fertigung und Entwicklung zu unterstützten, warten … noch auf ihre Reisespesen, die sie vorfinanziert haben und vermutlich nicht wieder sehen werden“.
„Auch sämtliche Rückstellungen für Betriebsrenten [waren] weg, da sämtliche Gelder der TTE-Germany GmbH in einem so genannten Cashpool bei TTE Europe SAS in Paris lagen.“ ((a.a.O.))
Für die entstandenen Schäden der Insolvenz mussten die Mitarbeiter selbst, die Sozialkassen und der Pensionssicherungsverein, dessen Beiträge von deutschen Unternehmen geleistet werden, aufkommen.
Funktioniert so die neue globale Wirtschaft?
„Funktioniert so die neue globale Wirtschaft?“ fragten sich die entlassenen Mitarbeiter des ehemaligen Thomson-Entwicklungslabors in Villingen. „Erst billig verkauft, dann Know-How abgezogen, danach kaltgestellt und jetzt auch noch das deutsche Sozialsystem missbraucht!“ und stellten Strafantrag gegen den verantwortlichen Geschäftsführer John S. „Mehrere Bundestagsabgeordnete, die Europaabgeordneten, der französische Wirtschaftsminister ((nach Wikipedia war Thierry Breton französischer Finanzminister)) , und frühere Thomson-Präsident, Thierry Breton ((Wikipedia „Zwischen 1997 und 2002 war Thierry Breton Vorsitzender und CEO von Thomson. Er sanierte das Unternehmen von Grund auf und erlangte weltweit Anerkennung für die Erreichung bedeutender Verbesserungen der finanziellen Leistung des Konzerns innerhalb kurzer Zeit. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens stieg unter seiner Führung von 1 FF auf 100 Milliarden FF an. Durch Entscheidung des Verwaltungsrats wurde ihm 2002 der Titel Ehrenvorsitzender von Thomson verliehen.“)) [wurden] über das Geschehen informiert und um Hilfe gebeten.“ ((a.a.O. der Ingenieur hat seine Schuldigkeit getan, der Ingenieur kann gehen.)) Alle Bemühungen der IG-Metall, des Landes Baden-Württemberg und der Stadt Villingen-Schwenningen scheiterten wegen der finanziellen Rahmenbedingungen. Am 31. Juli 2007 wurden alle Mitarbeiter entlassen. Am 28. Dezember 2007 reichte der ehemalige stellvertretende Betriebsratsvorsitzende von TTE, Franz Ritter, eine Petition beim deutschen Bundestag ein. Mit dieser Petition sollte erreicht werden „dass der Gesetzgeber die Möglichkeit für ausländische Konzerne unterbindet, auf Kosten des deutschen Sozialversicherungssystems und der Mitarbeiter sowie Gläubiger unter Bruch gültiger Verträge Insolvenz anzumelden.“ ((Schreiben des Abgeordneten Erler an die Mitglieder des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags))
Obwohl auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und der damalige Arbeitsminister Müntefering von der IG-Metall-Verwaltungsstelle Villingen-Schwenningen um Unterstützung gebeten wurden, reagierte keiner der angesprochenen Politiker. (( Südkurier v. 12. Januar 2012))
Unwissenheit der Geschäftsführer schützt vor Verantwortung!
Im Frühjahr 2012 kam es zu einem Prozess gegen den ehemaligen Geschäftsführer. Ihm wurde vor der Großen Wirtschaftsstrafkammer beim Landgericht Mannheim Untreue vorgeworfen. „Laut Anklage der Staatsanwaltschaft… [habe] es der Geschäftsführer unterlassen, die für den Betrieb des Villinger Labors notwendigen Gelder in Höhe von rund 5,7 Millionen Euro aus einem sogenannten Cash-Pool der französischen TTE-Muttergesellschaft abzurufen. Im Wesentlichen handelte es sich bei dieser Summe um Pensionsrückstellungen. Der frühere Geschäftsführer habe so wissentlich die Voraussetzungen geschaffen, damit der chinesische Eigentümer die Insolvenz beantragen konnte… Einzelne Mitarbeiter des Labors [hätten] zuvor regelmäßig ins chinesische Shenzen fliegen müsse, um Forschungsergebnisse des Labors aus Deutschland weiterzugeben. Dem soll später noch der Transfer digitaler Daten gefolgt sein, der Geschäftsführer habe sogar die aktuelle Datenbank mit den neuesten Forschungen für eine Flachbildschirm-Technik nach China transferiert.“ (( Südkurier 2012, Geschäftsführer jetzt vor Gericht))
Obwohl nach Angaben der IG-Metall durch die TTE-Insolvenz einen Schaden von rund 20 Millionen Euro entstanden war, wurde das Verfahren am 28. März 2012 eingestellt. Dem ehemaligen Geschäftsführer wurde wegen Untreue eine Geldbuße von 10 000 Euro auferlegt, die er an eine soziale Einrichtung in Mannheim zahlen musste. Er galt damit nicht als vorbestraft. Der Strafverteidiger erklärte, „der Angeklagte habe keinerlei kaufmännisches Wissen gehabt, da er Techniker sei, habe die Strukturen nicht durchschaut und auch keinen Einfluss auf diese gehabt.“ Dieser Ansicht folgte das Gericht. „Es habe sich herausgestellt, dass der Angeklagte ‚nicht so wie es auf den ersten Blick scheint, der Verantwortliche für die Insolvenz‘ [sei],‘ begründete der Richter.“ ((Südkurier v. 28.3.2012, Kein Schuldiger im TTE-Krimi)) Ein Urteil, für das die ehemaligen Mitarbeitern keinerlei Verständnis aufbringen konnten, schließlich bedeutete es für sie: je unfähiger und unwissender ein Geschäftsführer sei, desto weniger könne man ihn zur Verantwortung ziehen.
Ein weiterer Artikel zur TTE-Insolvenz 2012 endete: „Der TCL Konzern ist übrigens in Europa wieder sehr aktiv. Die neuen Fernseher von IKEA stammen von TCL, vielleicht mit der Technologie der Villinger Entwicklungsingenieure.“ ((ohne Autor, TTE Germany Insolvenz ein großes Missverständnis! 2012)) Die wahren Verantwortlichen konnten nicht belangt werden, eine Klage gegen Manager in China galt als aussichtslos. ((Der Ingenieur hat seine Schuldigkeit getan, der Ingenieur kann gehen.))
Bewertung
Wenn man den ehemaligen SABA-Ingenieuren und – Technikern glauben darf, so lag der Untergang der Schwarzwälder Unterhaltungselektronik nicht an der fehlenden Innovationsbereitschaft und an dem fehlenden technischen Know-How. Diese sind von ihren Fähigkeiten überzeugt.
Grund sei das von Anfang an fehlendes Investitionskapital gewesen. Die Schwarzwälder Familienbetriebe hätten nicht den finanziellen Atem gehabt, auf dem internationalen Markt mit entsprechenden Mengen aufzutreten. Es blieb deshalb nur die Kooperation mit großen Partnern. Aber auch große Konzerne, wie Thomson Brandt, hatten zum Schluss nicht die Kraft gegenüber der asiatische Konkurrenz zu bestehen.
Für die betroffenen Sabanesen war der Verkauf ihres Unternehmens verbunden mit der ständigen Angst ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Sie erlebten, dass in vielen Fällen die Entscheidungen über ihre Existenz in den USA, in Frankreich und in China fielen, in Ländern, in denen deutsche Sozialstandards und deutsche Rechtsvorstellungen keine Gültigkeit hatte.